Bei Fragen zu Rechten und Veröffentlichungen, für die ausführliche Bibliographie und für den Erwerb von Autorenexemplaren und Kunstwerken wenden Sie sich bitte an Carla Lehmann!
Mickel mochte das Antiquariat von Frau Brandel in Friedrichshagen, die Remise im zauberhaften Garten ist der perfekte Ort für eine Veranstaltung. Begrüßung mit einem Glas Wein und kleine Gespräche, der Einladung sind viele Interessierte gefolgt, in der Remise waren alle Plätze besetzt.
Frau Professor Kerstin Hensel und der Schauspieler Axel Poike hatten einen Vortrag vorbereitet, der Mickel „fast“ durchgehend Spaß gemacht hätte. Allerdings wurde die Distanz nicht ganz gewahrt, Frau Hensel sprach auch etwas über Mickels Leben. Das hat er immer vermieden, er hat die Distanz sehr wichtig genommen und wenig oder besser nichts von seinem privaten Leben und Erleben offen gelegt.
Natürlich öffnen einige Informationen auch das Verständnis für die Gedichte, die Frau Hensel vorstellte mit ihrer Sicht darauf und die von Herrn Poike vorgetragen wurden. Die Einordnung in die Entstehungszeit erläuterte ebenfalls die ausgewählten Texte.
Es wurden sechs sehr unterschiedliche Gedichte vorgestellt und mit dem Zeitgeschehen verknüpft.
„Epitaph“ und „Hofgeschrei“ geschrieben .. Geburtstages am Ithaka“ von 1965, „Friedensfeier“ 1962, „Radwechsel“ 1992 im Vergleich zu dem gleichnamigen Gedicht von Berthold Brecht und „Epitaph. Altenglisch von 1997.
Das Berliner „Hofgeschrei“ - tatsächlich aus dem Prenzlauer Berg, Husemannstr.- auf Sächsisch gesprochen, hat allen, sichtbar auch Axel Poike selbst, viel Spaß gemacht. Da treffen sich zwei Sachsen, Mickel und Poike.
Axel Poike erzählte etwas aus seiner Studienzeit an der Hochschule für Schauspielkunst, dem Unterricht und den Gesprächen mit Mickel.
Obwohl die „Friedensfeier“ doch schon sehr alt ist und in der Zeit des Kalten Krieges geschrieben wurde, sind die darin formulierten Wünsche doch aktueller den je:
…..Dann verteilen wir uns über Luft, Land und Meer
Und machen uns über das Kriegsgerät her
oder
…..Und besser als die Uniformen können
Wärmt sie das Feuer, darin die Uniformen brennen.
Lesen Sie selbst weiter.
Die große Überraschung, auch für uns, war dann das Gedicht „Mickel“ von Adolf Dresen aus dem Jahr 1967. Damit hatte Poike das letzte Wort und wir waren wirklich überrascht und begeistert, denn wir hatten noch nie davon gehört und es beschreibt Mickel auf eine einzigartige Weise.
Vielen Dank an Frau Brandel, Kerstin Hensel und Axel Poike für diesen fröhlichen Abend als Erinnerung an unseren Vater anläßlich des 90. Geburtstages am 12. August und des 25. Todestages am 20. Juni.
Am 20. Juni jährt sich zum 25. Mal sein Sterbetag und im August wäre er 90 Jahre alt geworden: Karl Mickel.
Der bis zu seinem Tod im Jahr 2000 in Berlin-Friedrichshagen lebende Autor, zählt zu den bedeutendsten Lyrikern und Essayisten Deutschlands.
Mickel, der in den 1950er Jahren bei Hans Mottek und Jürgen Kuczynski Wirtschaftsgeschichte studierte, arbeitete u.a. als Redakteur für die Zeitschrift "Junge Kunst" und war Dramaturg am Berliner Ensemble. Als Dozent und Professor für Verssprache an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ setzte er ästhetische Maßstäbe.
1963 debütierte Mickel mit dem Lyrikband "Lobverse und Beschimpfungen". Er publizierte Gedichtbände u.a. im Aufbau-Verlag, dem Mitteldeutschen Verlag, im Verlag Neues Leben, dem Rowohlt Verlag oder im Wallstein Verlag und veröffentlichte Theaterstücke und Libretti.
Gemeinsam mit Adolf Endler gab er die vielbeachtete Lyrikanthologie "In diesem besseren Land" heraus.
Bertolt Brecht, Paul Dessau und Georg Maurer waren Mickels Lehrer. Volker Braun, Adolf Endler, Sarah und Rainer Kirsch seine Freunde und Kollegen.
Wir möchten an Karl Mickel erinnern.
Durch den Abend führt die Schriftstellerin und Professorin Kerstin Hensel. Aus Mickels Texten liest der Schauspieler Axel Poike.
Es freuen sich auf Ihr Kommen: Carla Lehmann (geb. Mickel) und Katrin Brandel.
Freitag, 13.6.2025 um 19:30 Uhr im Antiquariat Brandel, Scharnweberstraße 59,
Um Anmeldung unter Tel.: 030-64 11 160 wird gebeten, Eintritt 8,00 €.
und Nuria Quevedo
Dieter Goltzsche Thomas J. Richter
Joachim John Ronald Paris
Dieter Tucholke
Hans Grundig
Lea Grundig
u.a.
Am 12. August 2023 bin ich, ausgestattet mit frischer Blumenende, neuen Pflanzen für die Schale und zwei Sonnenblumen am Vormittag zum Dorotheenstädtischen Friedhof gefahren. Nach den letzten Regentagen war das Wetter trocken, sonnig und deutlich wärmer. Ich habe angefangen, das Grab zu säubern, die Chrysanthemen einzupflanzen, den Bronzekopf zu reinigen und wurde immer wieder unterbrochen.
Jedes Mal fällt mir wieder auf, wie viele Touristen den Friedhof besuchen, bestimmte Gräber suchen....sagen Sie wo ist Brecht...sie sind gerade daran vorbei gelaufen...und wo ist das Grab von Anna Seghers...dort gleich hinter mir...sind sie mit Mickel verwandt...seine Tochter...mit wem war Mickel befreundet. Oft sind die Fragen in Deutsch oder man kann sich auf ein Gespräch in Englisch einigen – daran übe ich. Es macht Spaß und ich denke immer wieder, dieser Friedhof ist nicht nur traurig, sondern natürlich auch ein Kunst- und Kulturdenkmal. Ich bin überzeugt, sobald am Abend die Tore des Friedhofes geschlossen sind, beginnt noch einmal ein Leben hier. Eine „Geisterstunde“(auch der Titel des letzten Gedichtbandes von Mickel), die hier Wohnenden treffen sich zu Bier und Wein und Zigarren und reden über Kunst.
Und wenn ich jetzt vor dem Grabstein stehe, auf dem seit dem letzten Jahr auch unsere Mutter steht, muss ich schmunzeln, weil ich letztes Jahr – unfreiwillig – für einen neuen Familienwitz gesorgt habe, über den auch unsere Eltern lachen würden.
Die Beschriftung für Mutti habe ich mit dem Steinmetz telefonisch besprochen. Und dabei wurde wohl aus ihrem Geburtsjahr 1934 einfach 1939. Sie ist also 5 Jahre jünger geworden. Dabei hat sie sich immer lustig gemacht, über Personen, die mit ihrem Alter gemogelt haben. Die Inschrift lässt sich nicht mehr ändern, sie ist in Stein gemeißelt.
Auf dem Heimweg und in Gedanken fiel mir ein, dass ich vor über 20 Jahren die Kunstwerke von Mickel verpackt und eingelagert hatte. Sie hingen in seinen Arbeitszimmern, dem Schlafzimmer, lagen auf und in Schränken. Manche hat er gekauft, manche von Freunden geschenkt bekommen, einige beschäftigen sich direkt mit seinen Texten. Eigentlich schade und so habe ich angefangen, die Bilder auszupacken. Eine interessante Sammlung. Jetzt will ich beginnen, sie hier vorzustellen und habe diesen Text mit den Namen der in der Sammlung vertretenen Künstler begonnen.
Carla Lehmann
Sommer 1998, Bildrechte: private Aufnahmen von Karl Mickel und Paul-Michael Mickel
Bei Fragen zu Rechten und Veröffentlichungen, für die ausführliche Bibliographie und für den Erwerb von Autorenexemplaren und Kunstwerken wenden Sie sich bitte an Carla Lehmann!
In diesem Jahr ist alles anders. Die Pandemie hat die Welt fest im Griff und jeder hat andere Sorgen – wer denkt an Mickels Geburtstag? Wir haben in den vergangenen Jahren Veranstaltungen und Lesungen organisiert, Bücher herausgegeben, Studenten bei ihren Arbeiten unterstützt, die Internetseite zu seinem Gedenken erstellt und gestalten sie gerade neu. Das Grab auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof bleibt erhalten und wird um 20 Jahre verlängert. Beim letzten Besuch fand sich im Efeu eine Flasche Freiberger Pils, ungeöffnet aber nun ohne Etikett.
Kurz vor der Beendigung des gesamten gesellschaftlichen Lebens, sprach ich noch über eine kleine Ausstellung zu seinem Gedenken mit dem Leiter der Handschriftenabteilung in Marbach Herrn von Bülow. Dort wird Mickels literarischer Nachlass verwahrt. Kann das in diesen Zeiten realisiert werden? Dann hörte ich, in Dresden wird ein Buch vorbereitet – Michael Wüstefeld versammelt dazu Texte von Freunden in einem SIGNUM Exkurs. Wunderbar. Die Arbeit dazu ist nun fast abgeschlossen und wir freuen uns darauf. Exkurs(ion) zu Mickel – "Am Mickelsee schwamm die Oper in Rotwein" Das Heft wird im Juni erscheinen.
Ein sehr wichtiger Teil des Nachlasses von Mickel ist – Grimms Wörterbuch. Die Bände erzählen, wie wichtig ihm Sprache war. Obwohl aus Dresden gebürtig, sprach er ein sehr ordentliches Hochdeutsch, konnte allerdings absichtlich sofort in das weeche Sächsisch verfallen oder seine Sprache nahm den Tonfall in emotionaler Situation ganz plötzlich an. Wenn er zu einem ihm genehmen Thema dozierte, war jeder unvorbereitete Text meist gleich druckreif. Ende der 70er Jahre begann er die Teile von Grimms Wörterbuch zu sammeln. Einige nicht zusammenhängende Bände konnte er bereits gebunden kaufen. Leider ist nicht mehr bekannt, welcher Antiquar ihm dabei geholfen hat, zur Ergänzung die fehlenden ungebundenen Hefte zu sammeln. Das Deutsche Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm ist in Leipzig im Verlag von S. Hirzel in dünnen Heften oder auch als Bände gebunden, erschienen. Z.B. Zehnten Bandes – Dritte Abtheilung – Erste Lieferung. Stoß – Stoff. Bearbeitet von Dr. B. Crome. Die ältesten Hefte sind von 1888, die Hefte des Quellennachweises von 1971. Er hat lange gesammelt und plante, diese in der Form binden zu lassen, die den bereits vorhandenen Bänden gleicht. 1960 zog Mickel nach Berlin – Friedrichshagen, in der Wohnung am Müggelsee war 40 Jahre der Hauptwohnsitz. Auf der Bölschestrasse Hausnr. 76, in der Nähe des Bahnhofs, gab es lange Jahre eine Buchbinderei. Links zwei große Schaufenster, dann zwei Stufen zur Eingangstür der Wilhelm-Bölsche-Buchhandlung und rechts ein einzelnes Fenster. Durch dieses konnte man einen sehr großen alten Arbeitstisch sehen, an dem der Buchbinder arbeitete.
Anfang der 80er Jahre hatte Mickel dann ausreichend Hefte gesammelt, um die ersten Bücher dort von Siegfried Matthias binden zu lassen. Das war zu dieser Zeit ein sehr aufwendiges und sicher auch teures Unternehmen, aber da er ja noch nicht alle Hefte zusammen hatte, wurde in Etappen gebunden und nach Hause gebracht. Und natürlich weiter gesammelt.
Für ihn ein Schatz in grün und schwarz mit goldener Schrift auf dem Rücken.Vieles hat er dort nachgeschlagen, alte, merkwürdige Wörter entdeckt, Zusammenhänge in der Entstehung geprüft und Schreibweisen verglichen. In der Nähe der damaligen Buchbinderei gab es das Cafe Friedrichshagen (Bölschestr. 77), mit einigen Sitzplätzen daußen und innen einem Gastraum über zwei Etagen.
Hier hat Mickel gelegentlich einen Kaffee getrunken und auf die Abholung seiner fertigen Bücher gewartet, Freunde getroffen – oder mit mir ein Eis gegessen. Die Buchbinderei wurde später eine Apotheke, das Haus saniert und ist heute ein Restaurant. Im Cafe Friedrichshagen sind seit langem wechselnde Optiker.
In den 90er wurde das Wohnhaus am Müggelsee saniert und Mickels Arbeitszimmer war nicht mehr eine dunkle Bärenhöhle, die kalt und schlecht zu heizen war, sondern ein recht freundlicher heller Raum. Der Grimm war in 33 großen Bänden gebunden und bekam einen eigenen Schrank, direkt hinter seinem Schreibstischstuhl. So brauchte er sich nur umdrehen und hatte Zugriff auf unendlich viele Wörter. Neben diesen 33 Bänden finden sich weitere vier Bündel mit ungebundenen Heften. Ob es sich hier um Doppelkäufe handelt? Heute hat Grimms Wörterbuch auch 33 Bände und kann immer noch bezogen werden. Obwohl er sehr viel Wert auf korrekte Sprache, einen großen Sprachschatz und gute Grammatik legte, hatte er Spaß an Wortverdrehungen, Verhohnepiepeln, Unfug. Heißt es Komma, Kommata – was ist mit den Zeichen in einem Satz mit entsetzlich vielen Einschüben – sind das dann Kommatasse??? Und was ist mit dem Lexikon – sicher ein Band oder ein Nachschlagewerk aus mehreren Bänden kann ein Lexikon sein. Aber wenn jemand viele Nachschlagewerke jeweils aus mehreren Bänden besitzt oder nutzt sind das dann nicht Lexiküsse??? Und kennt noch Jemand die Löffelsprache – man findet sie im "Lachmund" auf Seite 220 - ein schöner Unfug. Während ich über diesen Text nachdachte, schickte meine Tochter ein Video aus München mit unseren Enkelkindern, 3 und 5 Jahre. Sie laufen zusammen eine Straße entlang und unterhalten sich kichernd und gestikulierend in einer Phantasiesprache, die sie offensichtlich beide sehr gut beherrschen. Mickel hätte Spaß an seinen Urenkeln gehabt und sich sicher gleich mit ihnen verstanden.
C.L.
Die Bilder aus den 80er Jahren hat mir freundlicherweise Frau Katrin Brandel vom Antiquariat Brandel in Berlin-Friedrichshagen zur Verfügung gestellt. Sie wußte auch sofort, wie der Buchbinder hieß.